Rechtliche Themen
Wichtige rechtliche Themen sind im Integrierten Bericht 2021 dargestellt. Bei den nachfolgenden rechtlichen Themen hat es im ersten Halbjahr 2022 wesentliche Entwicklungen gegeben.
Verfahren um weitere Finanzierungsbeiträge für Stuttgart 21
Ende 2016 haben wir zur Vermeidung verjährungsrechtlicher Risiken Klage gegen die Projektpartner auf weitere Finanzierungsbeteiligung auf Grundlage der sog. Sprechklausel beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht. Auf unsere im Juni 2021 eingereichte Triplik haben die Beklagten fristgerecht Anfang 2022 erwidert. Derzeit sind keine weiteren Schriftsätze veranlasst. Wir gehen davon aus, dass das Gericht frühestens im vierten Quartal 2022 einen Erörterungstermin bzw. mündliche Verhandlung anberaumt.
Zivilverfahren zu Infrastrukturnutzungsentgelten
Es sind weiterhin eine Vielzahl an Streitigkeiten zu den Trassen- und Stationsentgelten bei den Zivilgerichten anhängig. Dabei geht es um die Frage, ob und nach welchen Maßstäben die Zivilgerichte die regulierten Entgelte überhaupt einer weiteren zivilgerichtlichen Bewertung unterziehen dürfen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) 2011 konnten Eisenbahninfrastrukturnutzungsentgelte auf Grundlage der Rechtslage vor Inkrafttreten des ERegG zivilgerichtlich am Maßstab des § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf ihre Billigkeit überprüft werden, auch wenn sie regulierungsrechtlich wirksam waren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied 2017, dass eine Billigkeitskontrolle von Wegeentgelten durch Zivilgerichte gem. § 315 BGB unvereinbar mit dem europäischen Eisenbahnrecht ist. Der BGH hielt daraufhin aber weiterhin an einer Überprüfung durch die Zivilgerichte am Maßstab des Kartellrechts fest. Mit Urteilen vom 8. Februar 2022 hat der BGH die DB Netz AG erstmals zur Rückzahlung von Regionalfaktorentgelten rechtskräftig verurteilt. Parallel ist weiterhin die Frage beim EuGH anhängig, ob Zivilgerichte am Maßstab des Kartellrechts ohne eine rechtskräftige Entscheidung durch die Regulierungsbehörde regulierte Eisenbahninfrastrukturentgelte überprüfen dürfen. Die Generalanwältin beim EuGH hat dies in ihren für die Richter am EuGH nicht bindenden Schlussanträgen vom 7. April 2022 bejaht. Mit einem Urteil des EuGH ist aller Voraussicht nach noch 2022 zu rechnen.
Kartellrechtliche Themen
Missbrauchsverfahren beim Bundeskartellamt zum Online-Vertrieb
In einem seit 2019 durch das Bundeskartellamt (BKartA) geführten Verwaltungsverfahren gegen die DB AG hat das BKartA der DB AG am 14. April 2022 den Entwurf einer Verfügung, einer sog. Abmahnung, übermittelt. Darin wirft das BKartA der DB AG nach vorläufiger Bewertung eine missbräuchliche Behinderung ihrer Online-Vertriebsdienstleister vor, die für die DB AG als Handelsvertreter deren Fahrscheine vertreiben. Die DB AG hat zu den Vorwürfen Stellung genommen und steht im Austausch mit dem BKartA. Inhaltlich geht es um neuartige rechtliche Fragestellungen zum Online-Vertrieb, zu denen es bislang an gefestigter Rechtsprechung und Behördenpraxis fehlt.